„Der destruktive Charakter kennt nur eine Parole: Platz schaffen; nur eine Tätigkeit: räumen. [...] Der destruktive Charakter sieht nichts Dauerndes. Aber eben darum sieht er überall Wege. [...] Kein Augenblick kann wissen, was der nächste bringt. Das Bestehende legt er in Trümmer, nicht um der Trümmer, sondern um des Weges willen, der sich durch sie hindurchzieht.” - Walter Benjamin (1931)
Osiris ist ein interaktives Objekt, welches den von Walter Benjamin 1931 beschriebenen „destruktiven Charakter“ der Zeit visualisieren will. Zeit ist für Benjamin ein kontinuierlicher Kreislauf aus Vergehen und Wiederauferstehung, bei dem „das Neue“ nur aus der Zerstörung „des Alten“ entstehen kann. Die Zeichenmaschine Osiris versucht diese positive Sicht auf Zerstörung durch das Übermalen alter Fotos zu veranschauchlichen. Für den deutschen Philosophen Walter Benjamin sind Fotografien aber auch Gemälde und Gebäude „raumgewordene Zeit“. Osiris ist daher dazu konzipiert, jeden Tag eine Fotografie mit einem einzigartigen Muster zu übermalen und so den ursprünglichen Zweck des Fotos zu zerstören. Die festgehaltene Erinnerung wird dadurch nahezu unkenntnlich gemacht und verliert ihren ursprünglichen Sinn. Im Gegenzug dafür, wird jeden Tag ein neues generatives Kunstwerk geschaffen. Die Muster, mit denen die Fotos übermalt werden, sind einzigartig, da sie anhand des aktuellen Datums bestehend aus Tag, Monat und Jahr generiert werden. Der Benutzer muss sich jeden Tag aufs neue für ein Foto entscheiden, von welchem er sich trennen möchte.
Der Name ist eine Hommage an den ägyptischen Totengott Osiris, da dieser neben dem Gott der Toten auch als Gott der Fruchtbarkeit und Wiederauferstehung gilt. Die Ästhetik des Übermalten als Sinnbild für die Zerstörung stammt aus der Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte. Diese Ästhetik findet sich beispielsweise in Arnulf Rainers Serie „Kunst auf Kunst“ und Gerhard Richters „Übermalte Fotos“ wieder.